Der Mythos um die syrischen Chemiewaffen: Bahnt sich eine weitere,
von den USA und der NATO inszenierte humanitäre Katastrophe an?
Prof. Michel Chossudovsky
Nach dem Vorbild der
Berichterstattung über Saddam Husseins angebliche
Massenvernichtungswaffen (WMD) läuft seit einigen Monaten eine
Propagandakampagne zu der angeblichen von syrischen Chemiewaffen
ausgehenden Bedrohung.
Westliche Medien behaupten – einhellig, aber ohne jegliche Beweise –,
ein »frustrierter« und »verzweifelter« Präsident Baschar al-Assad plane
den Einsatz tödlicher Chemiewaffen gegen sein eigenes Volk. In der
vergangenen Woche erklärten amerikanische Regierungsvertreter in der
Nachrichtensendung
NBC News, das »
syrische Militär hat Bomben mit Nervengas gefüllt und wartet nur noch auf den endgültigen Einsatzbefehl von al-Assad«.
Westliche Regierungen werfen derzeit Syrien vor, auf Anordnung des
syrischen Staatschefs teuflische Pläne zu verfolgen. Auch die
Propagandamühle der Medien läuft nun auf Hochtouren. Manipulierte
Berichte über syrische Massenvernichtungswaffen werden über die
Nachrichtensendungen verbreitet und erinnern fatal an die Monate vor der
Invasion des Iraks im März 2003.
Nach übereinstimmender Darstellung der Medien habe das Regime des
syrischen Machthabers Baschar al-Assad seinen Zenit überschritten und
erlebe nunmehr seine »Götterdämmerung«. Daher stehe die internationale
Gemeinschaft in der Verantwortung, das syrische Volk zu retten und eine
neuerliche humanitäre Katastrophe zu verhindern:
»›Im Westen wächst die Sorge, Syrien könnte in einem letzten verzweifelten Aufbäumen Chemiewaffen einsetzen.‹
Jüngsten Berichten zufolge hat die in die Enge getriebene
syrische Regierung damit begonnen, Vorbereitungen für den Einsatz
chemischer Waffen gegen die syrische Bevölkerung zu treffen. Nach zwei
Jahren des Bürgerkriegs und mehr als 40.000 Toten steuern die Ereignisse
in Syrien möglicherweise auf einen blutigen Höhepunkt zu.« (WBUR, 11. Dezember 2012)
Syrien vs. Irak
Kriegsgegner haben auf die vielen Parallelen zu der
Propagandakampagne im Zusammenhang mit den angeblichen irakischen
Massenvernichtungswaffen hingewiesen, in deren Verlauf die Regierung
Saddam Husseins beschuldigt wurde, WMDs zu besitzen. Diese angebliche
Bedrohung durch
WMDs wurde dann als Rechtfertigung für den Einmarsch in den Irak im März 2003 vorgeschoben.
Dieser Propagandacoup in Bezug auf irakische WMDs erwies sich dann im
Verlauf der Invasion als eindeutige Erfindung. US-Präsident George W.
Bush und der britische Premierminister Tony Blair sahen sich zu dem
öffentlichen Eingeständnis gezwungen, es habe sich um »einen schweren
Fehler« gehandelt. Vor Kurzem rief der Friedensnobelpreisträger
Erzbischof Desmond Tutu dazu auf, die
»Lügner« Blair und Bush vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzuklagen.
Dennoch unterscheidet sich die Propaganda im Zusammenhang mit
syrischen Massenvernichtungswaffen deutlich von der im Falle des Irak
benutzten Kampagne. Es geht dabei nicht darum, ein offenes militärisches
Eingreifen in Syrien mit dem Vorwand der Existenz chemischer Waffen zu
»rechtfertigen«.
Eine Untersuchung der alliierten militärischen Planungen und der charakteristischen Merkmale der Unterstützung der USA und der
NATO
für die oppositionellen Kräfte macht deutlich, dass hier eine andere
Richtung eingeschlagen wird, als es beim Vorgehen gegen den Irak (2003)
und Libyen (2011) der Fall war.
Es geht bei der gegenwärtigen Kampagne natürlich auch darum, Baschar
al-Assad zu dämonisieren, aber das Ziel dahinter besteht nicht darin,
einen Krieg nach dem Muster »Schockieren und Einschüchtern« unter
Einbeziehung massiver Luftangriffe zu führen. Ein solches Vorgehen birgt
unter den gegenwärtigen Bedingungen ein hohes Risiko. Syrien verfügt
über eine
moderne Luftabwehr, die u.a. mit russischen
Iskander-Raketen
ausgestattet ist, sowie über erhebliche Bodentruppen. Darüber hinaus
könnte ein westlicher Militäreinsatz zu einer heftigen Reaktion Moskaus
führen, weil Russland im Süden des Landes in der Hafenstadt Tartus über
einen Marinestützpunkt verfügt.
Zudem sind iranische Einheiten der Republikanischen Garden (
IRGC)
vor Ort in Syrien aktiv, und russische Militärberater sind an der
Ausbildung des syrischen Militärs beteiligt. In der jüngsten Zeit wurde
Syrien
als Reaktion auf die Stationierung von Patriot-Flugabwehrsystemen amerikanischer Produktion in der Türkei mit dem noch moderneren russischen Raketensystem
Iskander-9K720l beliefert. Syrien verfügt bereits über das etwas weniger moderne Raketensystem
Iskander E und ist zugleich mit dem russischen Boden-Luft-Flugabwehrsystem
Pechora-2M ausgestattet.
Nichtkonventionelle Kriegführung
Aus den erwähnten Gründen kommt trotz der militärischen Überlegenheit der USA und der
NATO
ein offenes militärisches Eingreifen zum jetzigen Zeitpunkt nicht in
Betracht. Nichtkonventionelle Kriegführung bleibt daher die einzig
verbleibende Möglichkeit. Berichten zufolge sollen Militäroperationen
der USA und der
NATO im Wesentlichen der Unterstützung der
Rebelleneinheiten und ihrer Kommandostruktur, ihrer
Kommunikationssysteme, der Rekrutierung
neuer
Kämpfer und deren Ausbildung sowie der Lieferung moderner Waffen an die
Rebellen dienen. Ein Teil dieser Aufgaben, darunter die Ausbildung der
Rebellen, soll privaten Militärdienstleistern, also Söldnern, übertragen
werden.
Begrenzte und gegen ausgewählte Ziele gerichtete Luftangriffe zur
Unterstützung der Rebellen – unter dem Vorwand der syrischen
Chemiewaffenarsenale –, werden in Erwägung gezogen, aber selbst das wäre
angesichts der syrischen Luftverteidigungsfähigkeiten ein riskantes
Unterfangen.
Auf einem inoffiziellen Treffen in London, zu dem der Chef des
britischen Verteidigungsstabes General Sir David Julian Richards vor
Kurzem eingeladen hatte, hieß es, ein abgestimmtes militärisches
Aktionsprogramm würde im Kern »Luft- und Marineunterstützung sowie die
militärische Ausbildung der Opposition« umfassen. An diesem Treffen in
London nahmen führende Militärs aus Frankreich, der Türkei, Jordanien,
Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA teil. Weitere
Einzelheiten über die Zusammenkunft wurden nicht berichtet. (Siehe dazu:
Felicity Arbuthnot,
»Secret Meetings in London Plotting to Wage War on Syria without UN Authorization«, in:
Global Research, 11. Dezember 2012.)
Bei diesem Treffen hinter verschlossenen Türen in London, über das am
10. Dezember berichtet wurde, einigte man sich darauf, Hilfe zur
Errichtung einer vereinten militärischen Kommandostruktur der
Oppositionskräfte zu leisten, um so die Kräfte der Aufständischen im
Kampf gegen die Einheiten der Regierung zu bündeln. In praktischer
Hinsicht läuft dies auf den verstärkten Einsatz von Söldnern unter der
Aufsicht westlicher Spezialeinheiten hinaus, die sich bereits vor Ort in
Syrien aufhalten.
Wird eine humanitäre Katastrophe inszeniert?
Der Teilaspekt Ausbildung ist in dem geplanten Vorgehen der USA und der
NATO von entscheidender Bedeutung. Aber wie hängt er mit dem Problem der syrischen »Chemiewaffen« zusammen?
Das westliche Militärbündnis plant derzeit als Reaktion auf den syrischen Besitz von Chemiewaffen keinen offenen Krieg.
Stattdessen sollen die Rebellen im Umgang mit Chemiewaffen ausgebildet werden.
Wie bestätigt wurde, läuft dieses besondere Ausbildungsprogramm bereits
und wird mithilfe spezialisierter Söldner- und Sicherheitsunternehmen
umgesetzt, die entsprechende Verträge mit dem Pentagon abgeschlossen
haben:
»Die Vereinigten Staaten und einige europäische Verbündete setzen Militärdienstleister dazu ein, syrische Rebellen darin zu unterweisen, wie sie Chemiewaffenlager in Syrien sichern können,
erklärten ein hochrangiger amerikanischer Regierungsvertreter und
verschiedene hochrangige Diplomaten gegenüber CNN Sunday.« (Siehe dazu: CNN Report, 9. Dezember 2012.)
Hier zeichnet sich ein diabolisches Szenario ab, das integraler
Bestandteil der militärischen Planungen ist: eine Situation, in der
Terroristen aus den Reihen der Opposition mithilfe der Ausbildung durch
vom Westen bezahlte Militärdienstleister tatsächlich in den Besitz von
Chemiewaffen
gelangen. Hier geht es nicht darum, Rebellen in der
Nichtweiterverbreitung bestimmter Waffenarten auszubilden. An die
Adresse der Regierung in Syrien gerichtet, erklärte Präsident Obama
zwar, man werde sie zur Verantwortung ziehen, wenn sie Chemiewaffen
einsetze, aber als Teil dieser verdeckten Operationen wird erwogen,
Chemiewaffen in die Hand von Terroristen geraten zu lassen, die von den
USA und der
NATO unterstützt werden. Dies gilt insbesondere
für »unsere« mit al-Qaida verbundenen Kämpfer wie etwa die »Unterstützungsfront für das syrische Volk« (Schabhat an-Nusra),
bei der es sich um die derzeit militärisch erfolgreichste vom Westen
finanzierte und ausgebildete Rebellengruppe handelt, zu der viele
ausländische Kämpfer gehören. Vor Kurzem wurde allerdings genau diese
Gruppierung, die als ein von Amerika unterstützter geheimdienstlicher
Aktivposten zu betrachten ist, auf die Liste der Terrororganisationen
des amerikanischen Außenministeriums gesetzt – ein bitterer Schlag für
die Militärplaner.
Der Westen behauptet gerne, er wolle der syrischen Bevölkerung zu
Hilfe eilen, deren Leben durch das Regime Baschar al-Assads bedroht sei.
In Wirklichkeit unterstützt der Westen nicht nur Terroristen wie etwa
die
Schabhat al-Nusra, sondern will
den »oppositionellen« Rebellenkräften, die stellvertretend für sie den Krieg ausfechten,
Chemiewaffen zur Verfügung stellen.
In einer weiteren Phase dieses diabolischen Planspiels könnten dann diese Chemiewaffen von den im Dienste der USA und der
NATO stehenden »oppositionellen« Terroristen gegen die
Zivilbevölkerung eingesetzt werden, was potenziell die ganze Nation in eine humanitäre Katastrophe stürzen könnte.
Im Kern geht es um folgende Frage: Wer stellt wirklich eine Bedrohung
für das syrische Volk dar? Die syrische Regierung unter Baschar
al-Assad oder das Militärbündnis aus USA,
NATO und Israel, das »oppositionelle« Terroristen rekrutiert und ausbildet?
Hintergründe zur Mär der syrischen Chemiewaffen
Die ersten Medienberichte über die syrischen Chemiewaffen wurden im
Sommer dieses Jahres lanciert. Anfang August kündigte das Pentagon dann
an, es werde »kleine Spezialeinheiten-Teams« nach Syrien entsenden, um
dort die syrischen Massenvernichtungswaffen zu zerstören. Diese Gruppen
würden dabei mit »präzisen Luftschlägen« unterstützt. Ein umfassender
Luftangriff war nicht vorgesehen. Nach Angaben des Pentagon sollten mit
diesen Präzisions-Luftangriffen »die Chemiewaffen zerstört werden, ohne
dass sie in die Umgebung verteilt werden« – ein riskantes Unternehmen…
Ironischerweise richteten sich die Operationen der Spezialeinheiten
und die Luftangriffe im Rahmen dieses zynischen Szenarios zunächst nicht
gegen das syrische Regime. Mit diesem Vorgehen sollte im Gegenteil die
Zivilbevölkerung vor den Rebellen, und weniger vor den
Regierungseinheiten, geschützt werden.
Dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wurde zum damaligen
Zeitpunkt noch nicht vorgeworfen, hinterhältigerweise
Massenvernichtungswaffen gegen die syrische Zivilbevölkerung einsetzen
zu wollen. Dem Pentagon zufolge sollte mit dieser Operation
sichergestellt werden, dass die syrischen WMDs, die angeblich »mehr oder
weniger unbewacht« in befestigten militärischen Bunkern im ganzen Land
gelagert würden,
nicht in die Hände der oppositionellen Dschihadisten fielen, die gegen die Regierung kämpften:
»Die Pentagon-Planer waren hauptsächlich damit beschäftigt, alle unbewachten
syrischen Lager, die in die Hände der Rebellen oder der Milizen, die
mit al-Qaida, der Hisbollah oder anderen militanten Gruppen verbündet
waren, geraten könnten, zu schützen oder zu zerstören.« (»U.S. has plans in place to secure Syria chemical arms«, in: latimes.com, 22. August 2012)
Damit gab das Pentagon im August indirekt zu verstehen, dass diese
WMDs durchaus in die Hände prodemokratischer Freiheitskämpfer fallen könnten, die in enger Absprache mit Washington und dem
NATO-Hauptquartier in Brüssel von verschiedenen engen Verbündeten der
USA wie der Türkei, Katar und Saudi-Arabien angeworben und finanziert wurden.
Im Prinzip widerlegte US-Verteidigungsminister Leon Panetta damit
seine eigenen Lügen. Im August sprach er noch von der terroristischen
Bedrohung, heute beschuldigt er Baschar al-Assad. Bei der Mehrheit der
syrischen Freiheitskämpfer handelt es sich mit stillschweigender Duldung
Washingtons nicht nur um ausländische Söldner, sie gehören darüber
hinaus zu extremen islamistischen Gruppierungen, die das amerikanische
Außenministerium als Terrororganisationen einstuft. Israel ist an diesen
Manövern und Machenschaften im Zusammenhang mit den syrischen
Chemiewaffen in Abstimmung mit der
NATO und dem Pentagon beteiligt.
Terroristen sollen für den Einsatz chemischer Waffen geschult werden
Sollte die Regierung Obama tatsächlich ein wirkliches Interesse daran
haben, zu verhindern, dass diese Chemiewaffen in die »falschen Hände
geraten« (wie es ja vom Pentagon im August behauptet wurde), warum gehen
sie nun daran, die »oppositionellen Rebellen«, die zum großen Teil aus
Salafisten und mit
al-Qaida verbundenen Kämpfern bestehen, darin auszubilden, sich die Kontrolle über die Chemiewaffenlager der Regierung zu verschaffen?
»Die Ausbildung für den Umgang mit chemischen Waffen findet in
Jordanien und der Türkei statt und schließt u.a. ein, wie man die
entsprechenden Lager überwacht und sichert, und wie man mit den
Waffenlagern und dem Material umgeht, hieß es aus vertraulichen Quellen.
Einige der Vertragspartner [des Pentagon] sind bereits in Syrien vor
Ort und arbeiten dort mit den Rebellen bei der Überwachung einiger Lager
zusammen, berichtete einer der Regierungsvertreter.
Die Nationalität der Ausbilder wurde nicht enthüllt, auch
wenn die Regierungsvertreter andeuteten, es handele sich nicht nur um
Amerikaner.« (CNN, 9. Dezember 2012)
Die Nachrichten bestätigten zwar nicht die Identität der
Vertragspartner des Verteidigungsministeriums, aus offiziellen
Stellungnahmen lässt sich aber ableiten, dass sie enge
Vertragsbeziehungen zum Pentagon unterhalten:
»Die amerikanische Entscheidung, nicht rechenschaftspflichtige
Militärdienstleister anzuheuern, um die syrischen Rebellen im Umgang mit
Chemiewaffen auszubilden, erweckt den Eindruck, äußerst gefährlich zu
sein, bedenkt man, wie ungeschickt sich Washington bisher verhalten hat,
wenn es darum ging, sicherzustellen, dass nur vertrauenswürdige,
säkulare Rebellen – wenn es sie denn geben sollte – amerikanische
Unterstützung und Waffen erhalten, die von Verbündeten in den arabischen
Golfstaaten bereitgestellt wurden.
Zudem erhärtet dieses Vorgehen Vorwürfe, die der syrische
Außenminister vor Kurzem erhob, nach denen die USA daran arbeiteten,
dem syrischen Regime den Einsatz von Chemiewaffen oder die Vorbereitung
dazu anzuhängen.
›Im Zusammenhang mit diesen Nachrichten, die von den Medien
verbreitet werden, bereitet uns vor allem unsere ernste Befürchtung
Sorge, dass einige der Länder, die Terrorismus und Terroristen
unterstützen, die bewaffneten Gruppen möglicherweise mit Chemiewaffen
versorgen und dann behaupten könnten, die syrische Regierung habe diese
Waffen eingesetzt‹, heißt es in dem Schreiben [des syrischen
Außenministers an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon].« (John Glaser, »Us Defense Contractors Training Syrian Rebels«, in: Antiwar.com, 10. Dezember 2012; siehe dazu auch: CNN Report, 9. Dezember 2012.)
Die zentrale Frage lautet daher: Welche Absicht steckt wirklich
hinter dieser grausigen verdeckten Operation? Geht es bei dieser von den
USA und der
NATO geführten Operation darum, den
Einsatz chemischer Waffen durch die Freie Syrische Armee zu »verhindern« oder eher dazu zu »ermutigen«?
Der eben erwähnte Artikel bestätigt, dass USA und
NATO
Terroristen im Umgang mit Chemiewaffen ausbilden. Ist im Rahmen einer
solchen spezialisierten Ausbildung der tatsächliche Umgang mit giftigen
Substanzen notwendig? Stellt anders ausgedrückt das westliche
Militärbündnis über die von ihm beauftragten Militärdienstleister den
Terroristen Chemiewaffen zu Ausbildungszwecken zur Verfügung?
Wenn man weiß, dass der Aufstand in Syrien zum großen Teil von Dschihadisten und mit
al-Qaida
verbündeten Gruppierungen geführt wird, dürfte ein solches Vorgehen
wohl kaum dazu beitragen, den tatsächlichen Einsatz von Chemiewaffen
gegen die Zivilbevölkerung zu »verhindern«. Es sind viele Fälle
dokumentiert, in denen »oppositionelle« Aufständische, die nun im Umgang
mit Chemiewaffen ausgebildet werden, zahlreiche Verbrechen an syrischen
Zivilisten, wie etwa das Massaker in Hula, verübt haben:
»›Terrorgruppen könnten zum Einsatz von Chemiewaffen gegen die
syrische Bevölkerung Zuflucht nehmen …nachdem sie in Aleppo die
Kontrolle über eine Fabrik, in der giftiges Chlorgas hergestellt wird,
übernommen haben‹, erklärte das Außenministerium am Samstag.« (Press TV,
8. Dezember 2012)
Man sollte noch darauf hinweisen, dass der Einsatz von Chemiewaffen
durch die Oppositionskräfte nicht notwendigerweise bedeuten muss, dass
die Rebellen selbst tatsächlich die entsprechenden Lager der Regierung
kontrollieren. Chemiewaffen könnten leicht – auch aus westlichen Lagern –
den Vertragspartnern des US-Verteidigungsministeriums, die an den
Chemiewaffen-Ausbildungsprogrammen beteiligt sind, zur Verfügung
gestellt werden.
Es erübrigt sich auch der Hinweis, dass die Ausbildung an
Chemiewaffen und die Einbeziehung privater Söldnerfirmen, die auf
Vertragsbasis von der
NATO und dem Pentagon angeheuert werden,
die Risiken noch erhöhen. Denn diese Faktoren lassen Bedingungen
entstehen, die den Einsatz von Chemiewaffen durch oppositionelle Kräfte
begünstigen und damit potenziell eine landesweite humanitäre Katastrophe
auslösen könnten.
Auf ihrem fast geheimen Treffen in London (über das am 10. Dezember berichtet wurde) hat die Koalition aus USA und
NATO deutlich gemacht, dass sie nicht an den Einsatz von Bodentruppen
denkt. Es sollen vor allem Spezialeinheiten mit den oppositionellen Kräften gegen die Einheiten der Regierung zusammenarbeiten.
Wenn aber ein offenes konventionelles militärisches Eingreifen nicht
erwogen wird, richtet sich das Augenmerk auf nichtkonventionelle
Kriegführung. In diesem Zusammenhang wird
als eine von mehreren
diabolischen »Optionen« wohl nicht ausgeschlossen, Bedingungen zu
schaffen, unter denen chemische Waffen »in die Hände« von Terroristen
»fallen« könnten, und es auf diese Weise zu einer humanitären
Katastrophe kommen zu lassen.
Sollte man sich für diesen Weg entscheiden, wäre nicht einmal ein militärisches Eingreifen der USA und der
NATO erforderlich,
eine humanitäre Katastrophe dieser Größenordnung würde dem Zusammenbruch der syrischen Regierung die Bahn bereiten und damit das lang ersehnte Ziel eines »Regimewechsels« in greifbare Nähe rücken lassen.
Ein Vorgehen wie im Falle des Iraks und Libyens steht hier nicht zur
Debatte. Vieles deutet darauf hin, dass sich die westliche
Militärallianz in strategischer Hinsicht dafür entschieden hat, eine
humanitäre Katastrophe zu inszenieren.
Nach der Logik der Kriegspropaganda und der Desinformation seitens
der Medien würde die Verantwortung für die Toten, die der Einsatz
chemischer Waffen unvermeidlich nach sich zöge, Präsident Baschar
al-Assad zugeschoben werden, um so das dann folgende Vorgehen der
Militärallianz aus USA und
NATO zwingend geboten erscheinen zu lassen.
Wir erklären hier nicht, dass die beschriebene Option unvermeidlich
umgesetzt werden wird. Aber wir weisen darauf hin, dass die Überlegung,
den Rebellen Chemiewaffen zugänglich zu machen, was dann eine humanitäre
Katastrophe auslösen würde, von den USA und der
NATO tatsächlich angestellt wird.
Wie können wir sicherstellen, dass diese grauenvolle und diabolische
Option durchkreuzt und garantiert nicht umgesetzt wird? Dieses Problem
muss an die Öffentlichkeit gebracht werden. Die öffentliche Meinung muss
gegen den von den USA, der
NATO und Israel angeführten Krieg
mobilisiert werden. Die wie ein Déjà-vu erscheinenden Lügen über
Massenvernichtungswaffen müssen aufgedeckt werden. Der scheinbar
einhellige Konsens der etablierten Medien muss durchbrochen werden. Die
Lügen und Erfindungen in Bezug auf die syrischen Chemiewaffenprogramme
müssen widerlegt und zurückgewiesen werden. Diese Botschaft muss
verbreitet werden, und dieses Problem die öffentliche Debatte prägen.
Die Kriegsverbrecher in hohen Ämtern und Funktionen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/prof-michel-chossudovsky/der-mythos-um-die-syrischen-chemiewaffen-bahnt-sich-eine-weitere-von-den-usa-und-der-nato-inszenie.html