Beobachterstaat Palästinenser bejubeln UN-Anerkennung
Jubel von New York bis Ramallah: Die
UN-Vollversammlung hat Palästina als Staat anerkannt. Doch es ist mehr
als fraglich, dass die historische Entscheidung den Friedensprozess
voranbringen wird.
Mit Jubel haben Menschen in vielen arabischen Staaten auf die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat durch die Vereinten Nationen reagiert. Als das Ergebnis der UN-Vollversammlung am Donnerstagabend bekannt wurde,
brach nicht nur im Saal in New York Jubel aus. Vor allem in den
Palästinensergebieten feierten Zehntausende. Kritiker mahnen allerdings
vor Katerstimmung: Keines der Probleme sei gelöst und das Votum könne
den ohnehin kaum noch existenten Friedensprozess weiter belasten.
138
der 193 UN-Mitglieder hatten am Donnerstag für eine solche Anerkennung
gestimmt, nur neun waren dagegen. 41 enthielten sich, darunter
Deutschland. Das Ergebnis gilt als großer Erfolg für die Palästinenser,
weil schon eine einfache Mehrheit von 97 Staaten genügt hätte. Die
Anerkennung ist allerdings nur innerhalb der UN-Organisation wirksam.
Und kein UN-Mitglied ist verpflichtet, einen Staat Palästina anzuerkennen. Das bleibt weiter den einzelnen Regierungen vorbehalten. UN-Mitglied wird Palästina dadurch nicht.
Palästinenser könnten gegen Besiedlung klagen
Als Beobachterstaat, wie es auch der Vatikan ist, können die Palästinenser in Ausschüssen mitarbeiten und haben Rederecht. Ein Stimmrecht in der Vollversammlung
gibt es aber für die Palästinenser nicht. Allerdings könnten sie beim
Internationalen Strafgerichtshof als Kläger auftreten und Israels
Siedlungen in den besetzten Gebieten auf die Tagesordnung bringen.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas
hatte zuvor von der UN-Vollversammlung die Anerkennung eines Staates
Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt verlangt. "Ich rufe die
Vollversammlung auf, heute die Geburtsurkunde eines Staates Palästina
auszustellen", sagte er. "Wir werden nicht weniger akzeptieren als die
Unabhängigkeit eines Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als seiner
Hauptstadt - auf dem gesamten Territorium, das 1967 besetzt wurde - um
in Frieden und Sicherheit neben Israel zu leben."
Unversöhnlich: Abbas und Netanjahu
Abbas
erhob aber schwere Vorwürfe gegen Israel: "Wir kommen zu Ihnen noch mit
offenen Wunden von der jüngsten israelischen Aggression. Wir begraben
noch unsere Märtyrer", sagte er. "Unsere friedlichen politischen und
diplomatischen Bemühungen um Anerkennung als Beobachterstaat wurden von
Israel mit einer Flut von Bedrohungen beantwortet", sagte Abbas. Einige
dieser Drohungen seien "in barbarischer und furchtbarer Weise umgesetzt
worden, gerade vor wenigen Tagen in Gaza".
Israels
UN-Botschafter Ron Prosor warf den Palästinensern hingegen vor, entgegen
ihren Beteuerungen nicht den Frieden zu suchen. "Israel will Frieden.
Wir haben immer wieder die Hand ausgestreckt. Die Antwort waren
Zurückweisung, Gewalt und auch Terrorismus", sagte der Diplomat. Die
Palästinenser hätten jedes Zugeständnis für neue Aggressionen genutzt.
"Der Gazastreifen hat sich zu einer einzigen Raketenabschussbasis gegen
Israel entwickelt. Und wir werden nicht zulassen, dass es eine Basis für
den iranischen Terrorismus wird."
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu
reagierte mit scharfer Kritik auf den Auftritt. Die Rede von Abbas sei
"voll von Lügen und Propaganda" gewesen, erklärte Netanjahu am
Donnerstagabend. Indem die Palästinenser einen höheren Status bei der
UNO beantragten, hätten sie "ihre Verträge mit Israel verletzt". Seine
Regierung werde "die Konsequenzen daraus ziehen", fügte Netanjahu hinzu.
Feuerwerk, Hupkonzert und Freudenschüsse
Tausende
Palästinenser feierten in der Nacht im Westjordanland und im
Gazastreifen mit Feuerwerk, Hupkonzerten und Schüssen in die Luft ihre
Anerkennung als UN-Beobachterstaat. "Ich kann unsere Gefühle kaum in
Worte fassen. Alles was ich jetzt sagen kann ist, dass ich so stolz bin,
Palästinenser zu sein", meinte Mohamed Humaid, ein Bewohner des
Gazastreifens. "Heute haben wir den Beobachterstatus erlangt und bald
werden wir ein Vollmitglied sein", sagte der 27-Jährige.
Deutschland glaubt an die Zwei-Staaten-Lösung
Neben
Israel hatten auch die USA und andere Staaten die Aufwertung abgelehnt,
solange die Palästinenser keinen Frieden mit Israel schließen. "Diese
Resolution etabliert keinen palästinensischen Staat", sagte
UN-Botschafterin Susan Rice. Verhandlungen zwischen Israel und den
Palästinensern seien weiter der einzige Weg zu einer Lösung des
Nahost-Konflikts. "Es gibt keine Abkürzung. Wenn alle Stimmen abgegeben
sind und alle Reden vergessen sind, sind es die Israelis und die
Palästinenser, die miteinander sprechen, einander zuhören und friedliche
Seite an Seite leben müssen."
Auch Deutschlands
UN-Botschafter Peter Wittig äußerte Befürchtungen, dass das Votum die
Friedensgespräche erschwere. "Das könnte uns weiter von einer
friedlichen Lösung entfernen." Deutschland glaube an zwei Staaten. "Der
palästinensische Staat kann aber nur durch direkte Friedensgespräche mit
Israel kommen."
Frankreich sah dagegen die
Aufwertung Palästinas zum Beobachterstaat als einen möglichen Schritt
auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt sein.
Frankreich habe für die Statusaufwertung gestimmt, weil es für eine
Lösung des in einer Sackgasse feststeckenden Friedensprozesses sei,
sagte der französische UN-Botschafter Gerard Araud kurz nach der
Abstimmung.
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