Dienstag, 19. Februar 2013

Scotland-http://www.nzz.ch/aktuell/international/warnung-vor-votum-fuer-unabhaengigkeit-1.17996598

Warnung vor Votum für Unabhängigkeit

International
Ein Unabhängigkeitskämpfer während eines Besuchs des Premierministers David Cameron in Schottland.
Ein Unabhängigkeitskämpfer während eines Besuchs des Premierministers David Cameron in Schottland. (Bild: Murdo MacLeod / Polaris / Dukas)
Sollte Schottland beim Referendum im nächsten Jahr für die Unabhängigkeit von Grossbritannien votieren, wäre es ein neuer Staat. Dieser wäre in keinerlei internationale Abkommen eingebettet.
Peter Rásonyi, London
Schottlands Weg in die Unabhängigkeit könnte in die Unsicherheit und Einsamkeit einer vorübergehenden internationalen Isolation führen. Etwa mit diesem Schreckensszenario hat die britische Regierung am Montag ihre Kampagne gegen die Separationsbestrebungen der schottischen Nationalisten lanciert. Alle drei grossen Parteien in Westminster kämpfen für die Einheit des Königreichs, während die in Edinburg regierenden Nationalisten den Austritt anstreben. Im Herbst 2014 wird eine Volksabstimmung entscheiden. Der Support für die Unabhängigkeit ist laut Umfragen in jüngerer Zeit eher gegen einen Viertel gesunken.

Tausende von Verträgen

Die Regierung in London veröffentlichte am Montag ein Positionspapier zu den komplexen Rechtsfragen, die sich bei einer Abspaltung Schottlands stellen würden. Bis 2014 soll ein Dutzend weiterer Papiere veröffentlicht werden, um alle Aspekte der Unabhängigkeitsfrage auszuleuchten – und für die Position Londons zu werben. Die Regierung bzw. die um eine Einschätzung gebetenen beiden britischen Rechtsprofessoren lassen keinen Zweifel daran, dass im Fall eines Austritts das aus England, Wales und Nordirland bestehende Rest-Königreich sämtliche internationalen Rechte und Verpflichtungen beibehalten würde. Schottland würde dagegen ein neuer Nachfolgestaat auf dem schottischen Territorium. Dieser müsste sich um die internationale Anerkennung sowie um die Reintegration in alle erwünschten Abkommen und Organisationen bemühen. Dabei geht es nach Angaben Londons um nicht weniger als 14 000 internationale Abkommen.
Theoretisch wäre es auch möglich, dass sich beide Staaten auflösen und beide um die Nachfolge des Vereinigten Königreichs bewerben, wie das im Fall der Auflösung der Tschechoslowakei praktiziert wurde. Die Experten halten dies aber für höchst unwahrscheinlich, denn dafür wäre die Zustimmung beider Seiten nötig. Anders sieht dies die stellvertretende Erste Ministerin Schottlands, Nicola Sturgeon, die am Montag trotzig an der von den Nationalisten vertretenen Position festhielt, dass die Rechtsfrage nicht so eindeutig sei und Gegenstand bilateraler Verhandlungen sein müsse.

Bröckelnde Glaubwürdigkeit

Die Nationalisten versuchen, bis zur Abstimmung den Schleier der Unklarheit über dieser Frage aufrechtzuerhalten, um den Übergang möglichst geschmeidig und einfach erscheinen zu lassen. Doch sie haben Rückschläge erlitten, die an ihrer Glaubwürdigkeit nagen. So hatte die EU-Kommission schon Ende des letzten Jahres die Position Londons gestützt und erklärt, Schottland müsse sich im Fall der Unabhängigkeit um eine neue Mitgliedschaft bemühen. Zweifel bestehen auch am Realitätsgehalt des Fahrplans zur Unabhängigkeit, den die schottische Regierung vergangene Woche vorgelegt hatte. Demnach sollen alle Verhandlungen innert 18 Monaten abgeschlossen und der schottische «Unabhängigkeitstag» im März 2016 gefeiert werden. Das Londoner Gutachten weist dagegen warnend darauf hin, dass die Verhandlungen mit London und internationalen Partnern komplex wären, oft präzedenzlos und langwierig. Ein Zeitrahmen lasse sich nicht abschätzen. Im Fall Tschechiens und der Slowakei dauerte es sieben Jahre, bis alle internationalen Abkommen angepasst waren.

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